Immobilienmakler – Schnelles Geld für wenig Arbeit?
Es ist auch irgendwo verständlich, denn was der Großteil der Allgemeinheit sieht, beschränkt sich in der Regel auf die Besichtigung der Immobilie und die am Ende stattfindende Vertragsunterzeichnung mit anschließender Überweisung der Provision. Dass der Verkauf nur einen Bruchteil meiner Arbeit ausmacht, die in die Immobilienvermittlung hineinfließt, bleibt indes unbeachtet. Was ist es also, um was sich ein Makler wirklich kümmern muss?
Hat man vom Eigentümer einen Auftrag zur Vermarktung seiner Immobilie bekommen, folgen eine Vielzahl von Schritten für die optimale Präsentation derselben am Markt. Neben professioneller Fotografie des Objektes müssen Bezirksgericht, Bauamt und Hausverwaltung aufgesucht werden, um sämtliche Dokumente der jeweiligen Immobilie einholen zu können. Diese Dokumente müssen aufbereitet und den Interessenten zur Verfügung gestellt werden um sie umfassend aufzuklären, denn hier hafte auch ich mit meiner Tätigkeit für Richtigkeit und Vollständigkeit. Gleichzeitig muss ich die Liegenschaft bewerteten sowie die Marktentwicklung beobachten und mitkalkulieren. Anschließend erfolgt die Bewerbung der jeweiligen Immobilie auf den digitalen Plattformen, die Beantwortung der einlangenden Anfragen, Angebote, Besichtigungen, unzählige Telefonate, und vieles mehr. Hier entsteht eine Vielzahl an Aufwendungen wie Werbekosten, Fotograf, Backoffice, Rechtsberatung usw. Diese Kosten müssen wir als Immobilienvermittler selbst tragen, ohne dabei je die Garantie zu haben, dass die Immobilie im Endeffekt auch verkauft oder vermietet wird. Bei der Provisionsvergütung geht es demnach um ein schwankendes Verhältnis zwischen Risiko und Gewinn.
Zu Beginn der Pandemie konnte dieses Risiko minimiert werden, da die Nachfrage deutlich angestiegen war. Ein Zustand, der auch das Interesse am Berufsbild steigen ließ: Laut einem Bericht der New York Times erhöhte sich die Zahl der aktiven Immobilienvermittler in den ersten Pandemiejahren in den USA um 60% mehr als in den Jahren vor der Pandemie. Dieser berufliche Zuzug der letzten Jahre ist allerdings kein Einzelfall.[1] In den Jahren vor der Finanzkrise 2007 verzeichnete die National Association of Realtors ebenfalls Rekordzahlen an lizenzierten Maklern. Welcher Faktor in solchen Statistiken des Öfteren untergeht und damit genauso zum trügerischen Bild „des lukrativen Immobilienmaklers“ beiträgt, ist die signifikante Zahl jener Aussteiger, die ihren beruflichen Weg am Immobilienmarkt bereits in den ersten Jahren abbrechen müssen.
Weniger als 10% jener Immobilienmakler, die während der Pandemie ihre Lizenz erworben haben, werden sich langfristig am Markt durchsetzen können.
Dazu muss gesagt werden, dass sich diese Zahlen einerseits von der Extremsituation der Inflation herleiten, andererseits muss ebenso in Betracht gezogen werden, dass viele von denjenigen, die während der Phase des Verkauf-Booms eingestiegen sind, mit der derzeitigen Umstellung des Markts überfordert sind. Das führt dazu, dass starke Schwankungen am Markt nicht rechtzeitig erkannt oder schlicht unterschätzt werden.
Resilienz ist in diesem Beruf nicht nur eine Achtsamkeit, sie muss eine Notwendigkeit sein.
Wenn es einem nicht früh genug gelingt, sich rechtzeitig auf den Wandel des Markts einzustellen und sich an die neuen Rahmenbedingungen anzupassen, wird es einem nicht möglich sein, sich nachhaltig in dieser Branche durchzusetzen.
Abschließend kann festgehalten werden, dass wir Immobilienmakler in der Regel nur dann bezahlt werden, wenn unsere Kunden erfolgreich waren! Dafür müssen monatlich zahlreiche unbezahlte Arbeitsstunden investiert werden, ebenso muss man sich über die aktuellen Entwicklungen am Immobilienmarkt informieren und sich Strategien überlegen, wie man Interessenten im sich stetig wandelnden Zeitalter der Digitalität bestmöglich erreichen kann.
[1] https://www.nytimes.com/2022/03/04/realestate/real-estate-agents-pandemic.html